So meine Lieben, das wird jetzt ein bisschen länger (weil Achtung: eines meiner Lieblingsthemen!).
Die Pubertät. Was wir Eltern da alles aushalten müssen! Vor allem die Mamas (in einschlägigen Gruppen zum Thema Pubertät tauschen sich eigentlich nur Mamas aus. Gibt es Selbsthilfegruppen für Papas mit Kindern in der Pubertät? Bitte bei mir melden!). Und es ist ja auch zum Aus-der-Haut-Fahren mit den 12- bis 18-Jährigen:
Sie sind entweder schweigsam (maulfaul!) und nehmen uns gar nicht wahr, außer es fehlt was (Klamotten in ihrem Schrank, Essen im Kühlschrank, Geld am Jugendkonto), und sie öffnen sich uns auch gar nicht, reden nicht über ihre Gefühle, Wünsche, Ängste und Sorgen mit uns.
Oder sie gehen ständig auf Konfrontation, motzen rum, wollen dauernd irgendetwas dürfen, was alle anderen auch dürfen (nächtelang fortbleiben, Moped/Motorrad/Auto fahren, zuhause abfeiern ohne unsere Anwesenheit, ganz viel Taschengeld bekommen, Schule schwänzen etc.), finden uns uncool und megapeinlich und sagen uns das auch gerade ins Gesicht, ohne Rücksicht auf unsere Gefühle. Die Tür wird zugeschlagen, und weg sind sie, nicht mehr erreichbar für uns am Handy.
Überhaupt das Handy – man könnte meinen, ohne geht die Welt zugrunde. Ständig haben sie die Nase drin, es liegt beim Essen am Tisch, bei der Hausübung am Heft, in der Nacht im Bett. Das KANN nicht gut sein. Wir (Eltern) müssen einschreiten. Müssten einschreiten. Was ist richtig? Was ist falsch?
Wir sind ja gar nicht vorbereitet auf diese Phase, oder hat jemand von euch bei der Familienplanung an die Pubertät gedacht? Fraglich, ob es irgendjemand vorher gedanklich bis zur Trotzphase geschafft hat, – meine Vorstellung hat sich auf das süße Babyalter beschränkt, die Einschlaf-/Durchschlaf- und Verdauungsstörungen habe ich geflissentlich gleich mal ausgeblendet. Würde irgendjemand bereits vor der Familiengründung an die Pubertät vom Nachwuchs denken – wir würden aussterben.
Also zur Vorbereitung: spät, aber vielleicht doch, könnte man sich fragen: Wozu das ganze eigentlich? Warum müssen die in dem Alter so durchzucken?
Die Antwort (sehr einfach): Sie nabeln sich ab! Sie bereiten tatsächlich ihren Abgang aus der Familie vor! Zuerst natürlich nur („nur“?!) emotional, denn finanziell sind die Kinder immer länger von uns Eltern abhängig. Sie üben also mal, wie das so ist, sich von Mama und Papa nichts mehr alles vorbeten zu lassen, eine eigene Meinung zu entwickeln, Interesse an einem eigenständigen, selbstbestimmten Leben zu haben eigene Erfahrungen zu machen samt Konsequenzen (da kommen wir dann eh wieder ins Spiel, keine Sorge).
Und sie machen noch etwas: sie suchen sich eine neue Familie! Also nicht gleich eine echte neue Familie, aber Freunde, Peers, eine Ersatzfamilie sozusagen, bevor sie später tatsächlich irgendwann eine eigene Familie gründen und uns vielleicht mal zu Omas und Opas machen.
Unser Job in dieser Phase: Reibebaum sein. Aushalten. Dagegenhalten. Zuhören. Verstehen. Diskutieren. Offen sein. Mensch sein. Authentisch sein. Dasein.
Das ist sehr anstrengend, und genau dafür sind die Austauschgruppen auf Facebook etc. da und echt gut. Man sagt sich gegenseitig: Bei uns läuft gerade alles aus dem Ruder, es ist zum Verzweifeln, es tut weh und macht Angst. Und man spricht sich Mut zu, erzählt, dass es noch schlimmer geht oder zumindest ganz normal ist. Und auch, dass es irgendwann vorbei ist, dass die Pubertierenden erwachsen werden und sich die Beziehung zu den Eltern wieder normalisiert. Tatsächlich wird die Eltern-Kind-Beziehung durch die Pubertät auf das nächste Level gehoben: geprägt von Respekt, Liebe, Autonomie und Unterstützung, und zwar in beide Richtungen, nicht einseitig. Wenn alles gut geht, was es meistens tut.
Deshalb, liebe Mamas und Papas: nur Mut! Denkt auch einmal zurück an eure eigene Pubertät. Wie wichtig waren euch eure Eltern in dieser Zeit? Wie schön oder schwer war diese Zeit für euch? Wie oft seid ihr in Situationen gekommen, die tatsächlich gefährlich waren? Wie sehr waren eure Eltern für euch da, wenn ihr euch reiben wolltet, wenn ihr diskutieren wolltet, euren Standpunkt finden und schärfen wolltet? Wie gut ist es euch gelungen, euch abzunabeln und ein eigenständiger Mensch zu werden? Welche Beziehung habt ihr heute zu euren Eltern?
Letztendlich gelingt die Abnabelung unserer Kinder in den meisten Fällen, und die schreckliche Phase der Pubertät gerät schnell in Vergessenheit. Wir Eltern können uns dann wieder unserem eigenen Leben widmen. Aber das ist eine andere Geschichte…